Ulrike Thomas
Foto und Text

Donnerstag, der 15. August 2024

Die Fahrt heute beginnt mit einem platten Vorderreifen. So bin ich mit meinem Ersatzfahrrad unterwegs und muss es mit in den Zug nehmen, da ich mein Fahrradschloss vergessen habe.
10.39 Uhr – zwei Minuten nach Plan – fährt der RE1 los. Die freundliche Schaffnerin versichert mir, dass mein Fahrrad ab 9 Uhr kostenlos mitfahren darf und Platz genug hat es auch. Die Fahrt über Neustadt und Kaiserslautern verläuft, abgesehen davon, dass das neben mir befindliche WC kaputt ist, bilderbuchmäßig – schöne Strecke mit viel Grün und absolut störungsfrei. Pünktlich um 12.15 erreiche ich mein Ziel. Dunkel erinnere ich mich, schon einmal hier gewesen zu sein (auf dem Rückweg von Völklingen). Saarbrücken ist mit rund 185.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die größte Stadt des kleinen Saarlandes. Im Zug habe ich mich mit dem Stadtplan vertraut gemacht und bin halbwegs orientiert. Eine belebte Fußgängerzone erwartend, sehe ich mich enttäuscht, alles leer, die Geschäfte geschlossen. Meine Vermutung wird von einem Busfahrer bestätigt, in Saarbrücken ist Feiertag. Also erst mal Kaffee und Crêpe mit viel Nutella (für stattliche 9,10 €) an einem der Lokale an der Saar und Plan B entwickeln. Nun, so richtig schön ist der Teil der Stadt, zumindest da, wo auch noch die Autobahn mitten durch führt, nicht. Die Tatsache, dass ich mein Fahrrad dabei habe, erweist sich nun als Chance, erweitert sie meinen Aktionsradius doch erheblich. Ich beschließe, mit der Saarbahn nach France zu fahren, an die Endhaltestelle Sarreguemines (Saargemünd). Am Bahnhof in Saarbrücken treffe ich auf einen Radler, der das gleiche Ziel hat und mir bestätigt, dass ich mit dem Deutschlandticket hier auch über die Grenze fahren darf. So einträchtig stehen wir mit unseren Rädern nebeneinander in der Bahn, dass wir von einem französischen Radkollegen für ein Paar gehalten werden und er wundert sich, dass der Mann mit E- und die Frau mit Muskelkraft fährt. Vor dem Bahnhof trennen sich unsere Wege, allerdings nicht ohne den Mann mit dem freundlichen Lächeln als »Begegnung des Tages« vor dem Palais de Justice, einem Gebäude, das während der deutschen Besatzung errichtet und 1913 fertig gestellt wurde, abzulichten. Winni  Reiter kommt aus Dillingen, wo ich exakt drei Wochen vorher beim  Vereinsausflug von Rhein-Neckar-Industriekultur einem Stahlwerk bei der Arbeit zusehen durfte.

Begegnung des Tages: Winni Reiter – Foto: Ulrike Thomas

Leider gibt es kein Baguette in France, auch hier Feiertag und alle Boulangeries fermées.

Nach einer Rundfahrt durch das hübsche Städtchen (ca. 21.000 Einwohnerinnen und Einwohner) beschließe ich mit dem Fahrrad nach Saarbrücken zurückzuradeln. Eine gute Entscheidung. Die 17,5 Kilometer nicht nur perfekte sondern auch idyllische Radstrecke direkt an der Saar entlang (Saarradweg) ist trotz Fotopäuschen in gut einer Stunde zu schaffen. Alle paar Kilometer laden Raststationen zum Ausruhen ein.

Am Beginn der Saarbrücker Gemarkung genieße ich dann im Wirtshaus »Zur wilden Ente«, vor dem auf der Straße mindestens 30 prachtvolle Gänse (nicht Enten!) frei durchs Gelände watscheln, unter Kastanienbäumen einen alkoholfreien Weizenradler, bei der Hitze genau das Richtige. Übrigens gibt es hier auch eine E-Bike-Ladestation und einen Automaten mit Fahrradschläuchen.
In Saarbrücken führt der Weg auf der rechten Seite der Saar an einem Villenviertel (An den Staden) entlang und als Mannheimerin kann ich nur neidisch werden auf das ansprechend gestaltete und viel genutzte Flußufer.

Saarbrücken: ansprechende Gestaltung des Ufers der Saar – Foto: Ulrike Thomas

Auch die Saarbrücker Innenstadt ist inzwischen belebt, die zahlreichen Plätze der Lokale im Freien gut besetzt.
Ich genehmige mir noch zwei Kugeln sehr leckeres Eis (»Für heute hab ich genug Zucker«) und fahre dann – etwas mit meiner Feiertagspanne versöhnt – langsam zum Bahnhof zurück.
Auch die Rückfahrt verläuft ohne Störung, pünktlich um 19.21 Uhr kommt der Zug in Mannheim an. Fazit: Der Regionalexpress 1 (von Mannheim nach Koblenz und zurück) hat einen prima Job gemacht.