Donnerstag 12. und Freitag 13. September 2024: Erfurt
Nach einiger Hin-und-her-Planerei habe ich die Strecke mit Umstiegen in Heidelberg, Bad Friedrichshall, Würzburg und Bamberg ausbaldowert. Von entspanntem Reisen zu sprechen, wäre Schönfärberei, denn dank kleinerer Verspätungen, die sich freundlicherweise nicht zu größeren auswachsen, ist eine gewisse Nervosität Begleiterin, bis ich in Bamberg im Zug nach Erfurt sitze. Letztlich klappt alles und ich brauche ziemlich genau sechs Stunden für die Fahrt.
Im Erfurter Bahnhof (schön und sauber) werde ich von meiner Schwester Christina, die aus Brandenburg anreist, und der Erfurterin Heidrun Hamann, einer mir noch unbekannten Bekannten von ihr, abgeholt.
Heidrun erweist sich als äußerst kompetente Fremdenführerin. Seit 20 Jahren lebt sie in der Stadt mit ca. 215.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und schätzt die hohe Lebensqualität hier, die nicht nur der guten Infrastruktur, einschließlich bestens ausgebautem ÖPNV, der Sauberkeit und dem fast vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern geschuldet ist, sondern auch den Wasseradern – Aufspaltungen der Gera –, die die Stadt durchziehen. Profitiert hat Erfurt zuletzt von der Bundesgartenschau, die 2021 – zwei Jahre vor Mannheim – für Renovierung und Aufhübschung so mancher Flecken sorgte. Negativ aufgefallen ist mir allerdings, dass die Radfahrenden wie in Mannheim (z. B. in der Seckenheimer Hauptstraße), abschnittsweise zwischen die Straßenbahnschienen verwiesen werden.
Nachdem wir drei uns in einem Café am Domplatz, der von einem Ensemble wunderbar restaurierter Häuser umgeben ist, gestärkt haben, geht es rauf auf den Petersberg mit seiner Zitadelle und der Peterskirche. Die sternförmig angelegte Festung ist heute vielfältig genutzt und beherbergt auch eine Außenstelle des Stasi-Unterlagen-Archivs.
Der massive Bau der romanischen Klosterkirche wurde bereits im 12. Jahrhundert begonnen und beeindruckt unter anderem mit wuchtigen Säulen.
Auf dem Petersberg ist nicht nur Gelegenheit, die Stadt von oben zu betrachten, sondern auch meine »Begegnung des Tages« ins rechte Licht zu rücken.
Nicht nur Wasser, auch Kirchen gibt es in Erfurt jede Menge. Über allem thront der Dom, das Wahrzeichen der Stadt, die auf 1270 Jahre bewegte Geschichte zurückblicken kann. Deutsche und europäische Handelsstraßen kreuzten sich an diesem Ort und der spätere Reformator Martin Luther wurde hier im 16. Jahrhundert zum Priester geweiht.
Und selbstverständlich überqueren wir die Krämerbrücke, die (mit 120 Metern und 32 Häusern mit kleinen Läden, Galerien, Kunsthandwerk) längste bebaute Brücke Europas. Überhaupt erscheint die Erfurter Altstadt als eine Art lebendiges Architekturmuseum. Ob am Fischmarkt oder in den Gassen, fast alle Gebäude sind liebevoll restauriert und erweisen sich als Wohltat für Auge und Gemüt. Neben christlichen Kirchen und alten Kaufmannshäusern, sind auch Zeugnisse der jüdischen Kultur sichtbar, wie die Alte Synagoge, die heute ein Museum beherbergt.
Nach der geballten Ladung Kultur und Historie laben wir uns in einem Gasthaus, ein schmackhafter und würdiger Abschluss eines erfüllten Tages.
Am zweiten (halben) Tag in Erfurt erwandern Christina und ich uns den ruhigeren nördlichen Teil der Innenstadt und entspannen ein wenig in einem sehr ansprechenden Bio-Laden mit Bewirtung, bevor wir uns auf den Weg zum Bahnhof machen.
Freitagnachmittag, Berufsverkehr, die Züge sind voll und leicht verspätet, auch unserer nach Leipzig. Hier trennen sich (leider) unsere Wege.