Ulrike Thomas
Foto und Text

Freitag 17. Januar 2025

Von Magdeburg mit der Bahn nach Potsdam oder Berlin zu fahren, ist ein Leichtes. Inzwischen habe ich allerdings meinen Standort gewechselt und rolle das Feld nun von Rangsdorf, eine Gemeinde im Landkreis Teltow-Fläming und Wohnort meiner Schwester und ihres Mannes auf. Der  brandenburgische Ort ist per Zug an Berlin angebunden, der Regionalexpress (RE) 8 fährt etwa jede Stunde, die Entfernung beträgt 26 km Luftlinie.

Gut ausgestattet mit Tipps von meinen Verwandten und der Tourist-Info Potsdam, entscheide ich mich, die üblichen Touristenattraktionen wie Schloss Sanssouci  oder das Holländische Viertel – beide habe ich bei früheren Besuchen schon gesehen – links liegen zu lassen und mir einen Stadtteil im Osten zu erobern, den ich noch nicht kenne, die Filmstadt Babelsberg. Also mit dem RE 8 nach Berlin Hauptbahnhof und weiter mit der S 7 nach Babelsberg  (Fahrtzeit ca. eine Stunde und zehn Minuten). Ein kleiner Fußmarsch durch die Wattstraße und dann mit dem Bus 690 zum Filmparkgelände. Ein Schild am Eingang lässt mich wissen, dass man mich ab April hier gerne wieder reinlassen will – ja, das Reisen im Winter hat seine Tücken. Also umrunde ich das Areal und werfe hinter der Tiefgarage einen Blick in die Kulissenstraße. 

Da scheint ein anderer Tipp lohnender. Zurück zum S-Bahnhof und in das historische Viertel Babelsbergs, das vor rund 250 Jahren als Webersiedlung für böhmische Religionsflüchtlinge entstanden ist und ursprünglich Nowawes hieß. Am Beginn der Karl-Liebknecht-Straße thront links das Rathaus und bald sehe ich rechts drei Weberkaten, die noch recht gut erhalten sind (viele andere wurden abgerissen oder umgebaut) und Geschäfte beherbergen, unter anderem eine sehr einladende Biobäckerei. Auf dem Abstecher zum Weberplatz endecke ich weitere dieser niedrigen Häuschen. 

In die Biobäckerei will ich einen zweiten Blick werfen und werde nicht enttäuscht: wunderbar duftende Waren und hinter der Theke zwei bildhübsche, zugewandte Verkäuferinnen. Nachdem ich mein Ansinnen erklärt habe, lassen sich die beiden nicht lange bitten und von mir vor dem Haus ablichten.

Begegnung des Tages: Zahra Beikzada und Charlotte Kübler (v.l.n.r.) vor der Biobäckerei Fahland – Foto: Ulrike Thomas Begegnung des Tages: Zahra Beikzada und Charlotte Kübler (v.l.n.r.) vor der Biobäckerei Fahland – Foto: Ulrike Thomas

Welch schöne Begegnung! Mehrere Fotos und drei Croissants reicher, begebe ich mich zur zweiten Station meiner touristischen Begierde, der »guten Stube« Potsdams. Mit der S-Bahn, die ich inzwischen sehr schätzen gelernt habe, fahre ich zum Potsdamer Hauptbahnhof und von da aus mit einer der vielen Straßenbahnen zur Haltestelle Alter Markt/Landtag. Es wird langsam dunkel, ich muss mich beeilen, wenn ich noch was sehen und fotografieren will. Hier wurde nach der Wende und verstärkt in den letzten Jahren viel umgestaltet, abgerissen und zum Teil historisierend neu aufgebaut. Mäzene wie SAP-Mitgründer Hasso Plattner (u.a. Neubau des Museums Barberini) haben der Stadt ihren Willen und Stempel aufgedrückt. Ein bekannter Plattenbau, der Staudenhof, wurde gerade dem Erdboden gleich gemacht. Gegen den Abriss hatte eine Bürgerinitiative gekämpft, die u.a. von Klimaaktivist*innen unterstützt wurde. Hier sollen nun teure Wohnungen entstehen, wie mir eine freundliche Postdamerin erzählt. Ähnliche historisierende Neubauten aus Beton sind im Umfeld bereits fertig gestellt. 

Zeitbedingt konzentriere ich mich auf das Landtagsgebäude – ebenfalls historisierend (»Schloss«) aus Beton erbaut. Der Landtag hat ein offenes Konzept und lädt zum Besuch ein. Weniger positiv ist, wie der Beschilderung im Aufzug zu entnehmen ist, dass in der zweiten und dritten Etage die AFD residiert, die in Brandenburg die stärkste Fraktion stellt. Von der Dachterrasse, des im Inneren perlweiß strahlenden Gebäudes bietet sich ein wunderbarer Blick über das Ensemble aus Alt und Neu. Prägnant hebt sich die Nikolaikirche hervor, eines der bedeutendsten Bauwerke Karl Friedrich Schinkels (erbaut 1830 bis 1837).

Es gäbe in Potsdam noch einiges mehr zu entdecken. Da ich sicher bin, dass ich wiederkommen werde, trete ich für heute hochzufrieden mit der Ausbeute den Rückweg zu meiner brandenburgischen Verwöhnpension an.